Klimapolitik, wie könnte es besser gehen?
In dem Beitrag geht es darum, dass Lenkungssteuern auf zu vermeidende Handlungen wesentlich billiger sind und effizienter wirken, als unsere derzeitigen Steuern gepaart mit teuren Förderungen.

Wir erleben seit Jahrzehnten die immer heftiger werdenden Diskussionen über den Klimawandel und über Maßnahmen, die es zu setzen gilt oder besser, die längst überfällig wären. Wir reden über die notwendige Energiewende und den hohen Geldbedarf, den es gilt, dafür aufzubringen. Wir hören von Weltklimakonferenzen, die den Teilnehmerstaaten Ziele abringen, die dann Jahre später allesamt nicht erreicht worden sind. Wir nehmen die tatsächlich fortschreitende Erderwärmung und deren drastische Konsequenzen im Wasser und auf dem Land und deren Auswirkungen für Menschen, Tiere und Pflanzen aus den Medien wahr.
Wir hören, dass der Individualverkehr, Flugverkehr, der Warentransport über die Straßen, der Schiffsverkehr, das Heizen und das Kühlen von Gebäuden, der Landverbrauch bzw. das Versiegeln von Boden schuld sind. Wir erleben, dass schon viele Maßnahmen gesetzt wurden, die viel kosten und die leider bis dato wenig erreicht haben.
Die Erderwärmung schreitet fort, die Temperaturrekorde erreichen laufend neue Höchstwerte, die Waldbrände nehmen trotz immer besserer Löschmethoden zu, Wetterextreme häufen sich.
Wird von den Regierungen zu wenig getan? Wird in die Energiewende zu wenig investiert? Tragen die Menschen selbst zu wenig bei? Ich bin der Meinung, es bedarf eines anderen Ansatzes für politische Maßnahmen, einer neuen Art zu handeln.
Es bedarf eines neuen Ansatzes
Mein Vorschlag, wie eine Wende tatsächlich effizienter und billiger herbeigeführt werden könnte heißt: “einfacher regieren”
Es beginnt mit einem exakteren Gebrauch der Sprache. Schuld am Klimawandel sind NICHT der Straßenverkehr, der Flugverkehr, der Schiffsverkehr, das Heizen und das Kühlen der Gebäude etc… Schuld ist das Freisetzen von Treibhausgasen, in erster Linie das Verbrennen fossiler Brennstoffe, das Versiegeln von fruchtbaren Böden, um hier die wichtigsten beispielhaft zu nennen.
Und das einfachste Mittel, das Verbrennen fossiler Brennstoffe zu reduzieren, ist diese entsprechend zu besteuern. Das einfachste Mittel, um den Bodenverbrauch zu reduzieren, ist versiegelten Boden zu besteuern.
Das Steueraufkommen in den meisten Industriestaaten basiert zum Großteil auf Erwerbssteuern und Konsumsteuern. Was wäre, wenn diese Steuern zum großen Teil ersetzt werden durch Steuern (Lenkungssteuern, besser Nachhaltigkeitssteiern) auf den Verbrauch wichtiger Ressourcen, auf den Verbrauch fossiler Brennstoffen, auf versiegelten Boden, generell auf den Verbrauch von Rohstoffen, je nach Umweltschädlichkeit, auf das Inverkehrbringen von Substanzen, deren Verwendung man reduzieren möchte (wie z.B. Glyphosat).
Mit solch einem Steuersystem erreicht man zwei große Vorteile:
Erstens würde es unsere Ziele einer nachhaltig agierenden Gesellschaft viel rascher und effizienter erreichen. Für Mensch und Umwelt schädliches Verhalten würde sich in den Preisen der Produkte und Dienstleistungen wiederfinden. Es decken sich die gesellschaftlichen Ziele der Nachhaltigkeit mit dem Bestreben aller Marktteilnehmer einer Marktwirtschaft die Kosten zu minimieren.
Zweitens ist diese Methode – “einfacher regieren” – wesentlich billiger für Staat und Gesellschaft. Wir würden uns, wenn man die Methode konsequent anwendet, die meisten Extra-Kosten für Klimaschutz und Energiewende ersparen. Unsummen von Förderungen wären nicht mehr notwendig und könnten eingespart werden.
Im gleichen Ausmaß wie neue und/oder erhöhte Steuern auf Ressourcen (fossile Brennstoffe, Bodenschätze, Landverbrauch…) eingeführt werden, können Erwerbssteuern (z.B. Lohnsteuer, Köst) und Konsumsteuern (MwSt) gesenkt werden. Die meisten Investitionsförderungen in Energiewende und Nachhaltiges Wirtschaften wären überflüssig und könnten eingespart werden, was die Erwerbs- und Konsumsteuern nochmals sinken lassen würde. Wenn Förderungen und Subventionen wegfallen, erspart sich der Staat auch den den großen Verwaltungsaufwand dafür.
Die Staatsquoten würden deutlich sinken und Budgetdefizite könnten der Vergangenheit angehören. Der heute so brisante Fachkräftemangel würde entschärft werden, weil viele gut ausgebildete und kreative Menschen sich fortan mit für die Gesellschaft sinnvolleren Aufgaben beschäftigen können, als staatliche Förderpakete zu entwickeln, zu verwalten und gegen Missbrauch zu kontrollieren.
Mit “einfacher regieren” bräuchten wir nicht mehr mit all seinen Unschärfen berechnen, wie nachhaltig ein Unternehmen agiert, sondern die Nachhaltigkeit findet sich in den Preisen der Produkte und Dienstleistungen automatisch wieder.
Hat der Kapitalismus versagt?
Viele Menschen sind der Ansicht, dass Kapitalismus und Marktwirtschaft versagen und fordern daher mehr staatliche Eingriffe und Regulierungen. Ich bin der Überzeugung, nicht die Marktwirtschaft versagt gerade, sondern sie hat für unsere heutigen Probleme die falschen steuerlichen Rahmenbedingungen. Steuern wir doch die Entwicklung mit einem angepassten einfachen Steuersystem.
Aber Achtung: unser Verhalten würde sich wirklich ändern! Unser aller Konsumverhalten würde sich ändern und, was noch entscheidender ist, das Investitionsverhalten generell und das Investitionsverhalten in Forschung und Entwicklung würde sich schlagartig ändern. Und das würde zu einer nachhaltiger agierenden Gesellschaft führen, die auch Klimaziele leichter und effizienter erreichen könnte.
Diese Lenkungs- oder Nachhaltigkeitssteuern müssten auch auf alle Importwaren aufgeschlagen werden, solange deren Herkunftsländer keine gleichwertigen Steuern einheben.
Sollen PolitikerInnen Visionäre sein?
Ich meine, PolitikerInnen sollten weniger über die Zukunft nachdenken, sondern sich in erster Linie damit beschäftigen, im hier und heute die besten Bedingungen für die Gesellschaft zu schaffen für Bildung, Gesundheit, Infrastruktur etc. PolitikerInnen sollen
heute die Handlungen ausfindig machen, die der Gesellschaft schaden und diese entsprechend besteuern. Ich meine, es ist nicht Aufgabe der PolitikerInnen darüber zu entscheiden, ob in 15 Jahren noch Verbrennungsmotoren verkauft werden dürfen oder nicht. Das kann man ruhig der technologischen und marktwirtschaftlichen Entwicklung überlassen, wenn die PolitikerInnen nur dafür Sorge tragen, dass fossile Brennstoffe sehr teuer im Vergleich zu klimaneutralen sind.
Die große Herausforderung für die Politik wird sein, die Wirkung der Lenkungssteuern und damit die zukünftigen Einnahmen bestmöglich abzuschätzen. Ist die Lenkungswirkung einer Steuer sehr hoch, was wir ja grundsätzlich wollen, kann trotz steigender Steuersätze das Steueraufkommen rasch sinken.
Um die Budgeteinnahmen genügend stabil und berechenbar zu halten, wird man in einer Übergangsphase nicht ganz auf klassische Erwerbs- und Konsumsteuern verzichten. Eine für mich wichtige Steuer, die auf versiegelten Boden, würde sehr zur Stabilität der Staatseinnahmen beitragen.
„Einfacher regieren“ braucht nicht große Visionäre als PolitikerInnen, sondern Menschen, die Intelligenz und Mut haben, flexibler und rascher zu reagieren, als PolitikerInnen es heute tun und Menschen, die ihre Meinungen und Entscheidungen klar erklären und kommunizieren können, statt sich hinter Klientel Versprechen zu verstecken. (Es scheint, dass unsere heutigen Politiker einen genetisch bedingten Reflex zum Geschenke verteilen haben.)
“einfacher regieren” ist auch ein Plädoyer in Vertrauen in die Effizienz der Marktwirtschaft, wenn sie einmal die richtigen steuerlichen Rahmenbedingungen bekommt.
Die Nachteile einer Subventionspolitik
Subventionspolitik hat schon vieles gemeinsam mit der Planwirtschaft, von der man doch weiß, dass sie ineffizient und wenig erfolgreich ist. Man muss die Zukunft möglichst genau berechnen und wird dabei immer Fehler machen. Wie viele Studien zeigen kontroverse Ergebnisse auf. Es herrscht auch in Expertenkreisen viel Unstimmigkeit, welche Maßnahmen die richtigen sind.
Wenn man die thermische Sanierung der Gebäude fördert, erreicht man noch lange nicht, dass die Energie zum Heizen sparsam, sinnvoll und ohne Verschwendung eingesetzt wird. Wir sitzen oft in geheizten Schanigärten im Freien vor einem Gebäude, das aufwendig mit öffentlichen Geldern thermisch saniert wurde. Also, mit dem Energieverbrauch kann man noch immer leichtfertig umgehen. Im sanierten Haus vielleicht noch leichtfertiger als früher.
Subventionen brauchen nicht nur viel Verwaltungsaufwand, um sie auf den Weg zu bringen, sondern auch viel Aufwand, um sie zu kontrollieren. Je weniger kontrolliert wird, desto weniger werden die Geldmittel widmungsgemäß verwendet. Subventionen sind der Nährboden für Vetternwirtschaft und Veruntreuung.
Mit sozialem Augenmaß
Bei allen Subventionen und neuen Regelungen zur Energiewende und Klimaschutz wird meistens auf soziale Aspekte Rücksicht genommen. Das klingt beim Verkaufen der Maßnahmen an die Wählerschaft gut, führt aber in der Regel zur Verwässerung der
Wirkung. Das Vermischen von Wirtschaftspolitik mit Sozialpolitik macht beides ineffizient und teuer. Ich meine, eine effiziente und wirkungsvolle Sozialpolitik ist eine, die treffsicher die wirklich sozial schwachen Menschen ausfindig macht und diesen Personen direkt mit Rat und Tat, mit Geld- und Sachleistungen hilft.
International
Ich bin der Meinung, die Europäische Union wäre als Wirtschaftsraum groß und stark genug, so ein Steuersystem einzuführen. Würde “einfacher regieren” in der Europäischen Union konsequent angewendet werden, müssten diese Lenkungssteuern natürlich auch auf den Warenimport angewandt werden, wenn Waren aus Wirtschaftsräumen kommen, die solche Steuern nicht einheben. (Ein Flugzeug, das aus einem Erdteil kommt, wo es billiges Flugbenzin tankt, müsste die entsprechende CO2-Steuer beim landen in der EU nachzahlen. Stahlprodukte, die aus Ländern kommen, wo sie mit billigen fossilen Brennstoffen hergestellt werden, müssten beim Import mit einer CO2-Steuer belegt werden.)
Da ich überzeugt bin, dass “einfacher regieren” nicht nur sehr rasch mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz brächte, sondern auch zu mehr Wohlstand führte, und ich bin überzeugt, dass Verantwortliche in anderen Teilen der Welt dem Beispiel folgen würden.
Heute sind nach wie vor fossile Brennstoffe der wichtigste Energieträger weltweit und sind nach wie vor im STEIGEN. Entsprechend hoch sind die Preise für Erdöl und -gas. Die Verbraucherländer zahlen Unsummen an die Produzentenländer fossiler Brennstoffe und benötigen diese wegen ihrer Schuldenpolitik zum Bedienen der Staatsschulden. Ich kann hier nur mutmaßen, aber ich vermute, dass manche Produzentenländer fossiler Brennstoffe nicht nur auf den europäischen Fußball großen Einfluss ausüben, sondern möglicherweise auch auf Wirtschaft und Politik. “einfacher regieren” könnte hier noch größere Abhängigkeiten für die Zukunft vermeiden.
Schlussbemerkung
Meine Ideen sind nicht durch Studien untermauert (es gibt bis dato keine Anwendung), sondern vom Hausverstand geleitet. Mein Wunsch wäre, dass über dieses Thema zumindest einmal intensiver und umfassender diskutiert wird. (Zur bestehenden “Mini-CO2-Steuer” höre ich nur Diskussionen, ob man sie aussetzen oder verschieben soll.) Vielleicht könnte so diese Idee in Zukunft mehr ins Bewusstsein der Menschen rücken und etwas davon in die Politik einfließen.
Stefan Hammerschmied, August 2024